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Oh, ein neuer Textbaustein

Post von der Staatsanwaltschaft Bremen:

Sehr geehrte Damen und Herren,

der Tatverdächtige ist zur Tatzeit noch keine 14 Jahre alt gewesen und somit strafunmündig. Eine Strafverfolgung ist deshalb nicht möglich. Ich habe daher das Verfahren gemäß § 170 Abs. 2 Strafprozessordnung eingestellt.

Durch diese Einstellung werden mögliche zivilrechtliche Ansprüche nicht berührt. Sie müssen sie jedoch selbst gesondert geltend machen.
Dass Kinder, die vielleicht einfach nur mal aus Unerfahrenheit oder für eine Mutprobe etwas geklaut (oder eine andere Tat begangen) haben, nicht gleich für den Rest ihres Lebens im Knast versauern, ist ja prinzipiell eine richtige Regelung. Ich habe selber ein Kind und würde mir, wenn da mal aus welchen Gründen auch immer so etwas passiert, natürlich ebenfalls einen entsprechenden Umgang wünschen.

Ich bin zugegebenermaßen dennoch ein Befürworter davon, diese Altersgrenze zumindest mal grundlegend zu überdenken, Vielleicht wäre ein Modell ähnlich dem Three-Strikes-Law nicht so verkehrt. Keiner kann mir erzählen, dass zwei Dreizehnjährige, die eine alte Frau mit einem Messer bedrohen und ausrauben, noch nicht die geistige Reife haben, um die Konsequenzen dieser Tat zu überblicken.

So auch ein dreizehnjähriger Ladendieb, der mit seiner Tante hier war und geklaut hat. Als er die Ware in der Hand hielt, unterhielten die beiden sich offenbar darüber, die Tante wusste definitiv von dem geplanten Diebstahl. Aber letztendlich eingesteckt und in der Tasche aus dem Laden gebracht hatte der Junge die Beute. Dieses Verfahren wurde nun eingestellt.
Dabei würde ich jede Wette eingehen, und auch die anwesenden Polizisten sahen das so, dass das nicht die erste Erfahrung des jungen Mannes mit der Polizei war. Er wusste genau, wie er sich für die Durchsuchung hinstellen musste, was ihn erwarten würde und wie er sich gegenüber den Polizisten verhalten musste. Abgesehen davon, dass auch das vorhergehende Einstecken der Ware mitsamt Blick zur Kamera sehr routiniert aussah, wirkte der Junge auch in der Gegenwart der Polizei nicht so, als würde er diese Erfahrung gerade zum ersten Mal machen.

Ich würde mich nicht wundern, wenn das nun so für den Rest seines vierzehnten Lebensjahres noch genau so weitergehen würde, weil ihm ja nach unserem Gesetz definitiv nichts passieren kann.

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Kommentare

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Horst-Kevin am :

Kann man nicht die Tante wegen Beihilfe drankriegen?

Raoul am :

Ohne Beweise sicher nicht. Und Björn zeichnet ja (gesetzeskonform) keinen Ton mit auf, da lässt es sich meist leicht herausreden.

Hendrick am :

Kann man unter Angabe entspr. Zusatzinformationen Einspruch gegen die Einstellung erheben?

Wuffduff am :

Natürlich kann man Einspruch erheben, aber was sollen die zusätzlichen Infos bringen? Es ist ja nicht mangels Beweisen eingestellt worden, sondern weil der Verdächtige strafunmündig ist, und auch die besten Infos machen ihn nicht älter und damit bleibt er strafunmündig und es kann kein Strafverfahren gegen ihn geführt werden.

someone am :

Was Deiner Tochter in einem ähnlichen Fall passieren würde, kann ich Dir verraten: Es gibt eine Einladung zum Gespräch bei der Polizei. Und ich könnte mir vorstellen, dass ggf. auch das Jugendamt eine Info erhält, je nachdem, wie es verläuft bzw. ob es überhaupt stattfindet.

Mein Sohn ist mit 12 mal auf dem Weg zur Kasse drömelig durch die Warensicherung gelaufen (nicht im LEH, sondern in so einem Konsumtempel, wo die Kasse irgendwo abseits am Rand liegt und die Warensicherungsanlage ein ganzes Stück vor dem eigentlichen Ausgang).

Er ist beim Piepser sofort umgedreht, aber die Security wurde trotzdem aktiv.

_Ich_ habe ihm geglaubt, dass er die Earbuds kaufen wollte (wenn man klauen will, nimmt man ja wohl kaum die für 10 Euro, sondern eher die für 100). Die Security hatte da wohl keinen Ermessensspielraum. Die Vertragsstrafe brachte ihm eine entsprechende Taschengeldsperre ein, das nachfolgende Antanzen bei der Polizei und die zwei Jahre Hausverbot haben ihn auch entscheidend beeindruckt.

Aber ich glaube Dir schon, dass angehende Intensivtäter darüber nur lachen und auch die Möglichkeiten des Jugendamts dürften begrenzt sein, solange das Kindeswohl nicht akut gefährdet scheint.

Raoul am :

Das dürfte dann eher in Bayern als in Bremen gewesen sein. Aber Minderjährigen eine Vertragsstrafe aufzubrummen, dürfte rechtlich nicht haltbar sein (ohnehin ein Witz: Björn hat irgendwo mW mal geschrieben, dass von seinen Ladendieben genau einer diese Strafe bezahlt hat).

Raoul am :

(Ersetze „minderjährig“ durch „strafunmündig“)

Wuffduff am :

Nein, mit Straf(un)mündigkeit hat das gar nichts zu tun, Vertragsstrafen sind Zivilrecht und damit ist die Geschäftsfähigkeit entscheidend und nicht die Strafmündigkeit.

Raoul am :

Hm. Okay, gut zu wissen. Aber ich bezweifle irgendwie dennoch, dass man von einem 12jährigen 100 Euro wegen Diebstahls einfordern kann. Dennoch scheint das ein mehr als komplexes Thema zu sein (zumindest laut meiner eher minimalen Recherche).

Es würde mich zwar wundern, wenn ein 12jähriger bei Mord keinerlei Konsequenzen zu fürchten hat, aber für einen geklauten Schokoriegel 100 Euro zahlen muss, aber… nein, eigentlich würde es mich nicht wundern. Aber falls Du da einen Link mit weiterführenden Informationen parat hast, würde ich mich freuen.

Wuffduff am :

Bei der Vertragsstrafe können sich, meiner Laienmeinung nach, 2 Fragen stellen:
- wurde sie überhaupt wirksam vereinbart (durch Aushang, Schilder)?
- kann ein 12jähriger, der beschränkt geschäftsfähig ist, in eine Vereinbarung der Vertragsstrafe überhaupt einwilligen?
Beides müsste ein Rechtsanwalt klären, davon habe ich keine Ahnung und leider auch keinen weiterführenden Link.

Auch bei Mord hat ein 12jähriger keine STRAFrechtlichen Konsequenzen zu befürchten, bei dem Alter bleibt er, völlig unabhängig von der begangenen Tat, strafunmündig.

Evtl. kann das Jungendamt aber aktiv werden, dazu gab es mal einen interesanten Artikel im Spiegel, den ich jetzt auf die schnelle aber nicht finde.

Raoul am :

Das „wirksam vereinbart“ scheint auch so eine Sache zu sein:

QUOTE:
Das Urteil des Amtsgerichts Spandau, das dem Kläger Recht gab und die Beklagte zur Zahlung der Kosten des Rechtsstreits verurteilte, hat weitreichende Bedeutung für ähnliche Fälle von Ladendiebstählen in Supermärkten. Es unterstreicht die Grenzen der rechtlichen Durchsetzbarkeit von Bearbeitungsgebühren und Vertragsstrafen bei Ladendiebstählen. Zudem hebt es die Wichtigkeit der genauen juristischen Prüfung solcher Klauseln hervor, insbesondere im Kontext der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und der Verhältnismäßigkeit der geforderten Summen im Vergleich zum Wert des entwendeten Gegenstandes.


(https://www.ra-kotz.de/ladendiebstahl-in-supermarkt-bearbeitungsgebuehr-und-vertragsstrafe.htm – eine Wurst für 1,99 Euro wurde geklaut. Einen Aushang gab es, aber das reichte dem Gericht nicht, da, so das Gericht, die Vertragsstrafe im Mißverhältnis zum Diebstahlswert stand. Vielleicht sind die in Spandau aber auch alle einfach permanent besoffen. Wie setzt man den Wert denn an, damit er in keinem Mißverhältnis mehr steht? Bei 5,99? Oder 16,27?)

QUOTE:
kann ein 12jähriger, der beschränkt geschäftsfähig ist, in eine Vereinbarung der Vertragsstrafe überhaupt einwilligen?


Genau das bezweifle ich und wäre auch mein Hauptargument gewesen.

Dass das Jugendamt bei Mord aktiv werden kann (lustigerweise nicht muss), habe ich auch schon gelesen. Das ist dann aber auch das höchste der Gefühle.

someone am :

Nein, das war nicht in Bayern. In Bremen auch nicht, aber schon Norddeutschland.

Mir schien die ganze Geschichte auch einigermaßen angreifbar, aber wir wollten an der Stelle dem Sohn kein falsches Signal senden und ihn so davonkommen lassen, also hat er bezahlt.

Die Einzelhandelskette, die so gehandelt hat, nenne ich hier ganz bewusst nicht. Aber sie hat direkt zwei Kunden verloren, und das nicht nur für zwei Jahre, sondern auf Lebenszeit. Ob mein Sohn da jemals wieder einkaufen möchte, wenn das Hausverbot abgelaufen ist, wird er selbst entscheiden müssen, aber auch da bin ich eher skeptisch.

Raoul am :

QUOTE:
Mir schien die ganze Geschichte auch einigermaßen angreifbar, aber wir wollten an der Stelle dem Sohn kein falsches Signal senden und ihn so davonkommen lassen, also hat er bezahlt.


Super Sache, ernsthaft. Auch wenn es mich als Sohn angekotzt hätte, war das eine echt sinnvolle Entscheidung, finde ich. Wenn er stehlen will, muss er halt einfach lernen, dabei nicht aufzufallen! ;-)

Private Joker am :

@someone: Dennoch eine sehr gute Reaktion auf den Vorfall. So kann aus der Sache wenigstens etwas gelernt werden. Bei vielen Jugendlichen, die das erste Mal etwas mit Polizei und Staatsanwaltschaft zu tun hatten, bringt so ein Denkzettel oft den Anstoß zur Veränderung. War bei mir selbst genau so mit 17.

Klodeckel am :

Die Taten sollten in der Ermittlungsakte festgehalten und gespeichert werden und bei erneuten Straftaten im strafmündigen Alter miteinbezogen werden.

TOMRA am :

Also quasi eine Klaufa analog zur Schufa?

someone am :

Das wäre dann die Klaugemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung? Hat was.

DerBanker am :

Naja gut, wenn er bis zum vollendeten 14ten schon so viel Übung angesammelt hat, halte ich es für fragtlich, dass er anschließend davon lassen kann. Man kann eigentlich Wetten darauf annehmen, wann er dann dran ist.

Private Joker am :

Jo, das wird dann wohl eine „Karriere“ auf der schiefen Bahn… Traurig, aber was will man da machen? Vielleicht könnte es echt helfen, sich mit solchen Kindern auseinanderzusetzen anstatt die Tat ad acta zu legen und auf die nächste Nummer zu warten. Am Ende könnte ja sogar ein guter Azubi im LEH aus ihm werden, der dann wiederum Diebe aufspürt - Erfahrung scheint ausreichend vorhanden zu sein.

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